Autor Thema: Diagnose AGS late-onset  (Gelesen 43541 mal)

Juli 14, 2013, 10:08:40 Nachmittag
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bella

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Hallo,
bei mir wurde schon vor einigen Jahren die Diagnose AGS late-onset gestellt. Ich muss ganz ehrlich sagen, traurigerweise kann ich bis heute nicht viel damit anfangen!
Mein Frauenarzt kann mir leider auch keine detaillierten Infos dazu geben. Nach der Diagnose hieß es nur, solange ich keine Beschwerden habe, bräuchte ich auch keine Medikamente, damit habe ich mich zufrieden gegeben. Ich nehme allerdings die Pille BELLA HEXAL, um den Haarausfall und die Hautprobleme einigermaßen im Griff zu behalten.

Ich bin so froh, nun auf dieses Forum gestoßen zu sein, denn ich hoffe, mit Eurer Hilfe vielleicht ein wenig mehr über meine "Krankheit" herausfinden zu können.
Ich wohne in einem kleinen Ort und mein Frauenarzt teilte mir mit, er kenne keinen Arzt in der näheren Umgebung, der sich mit diesem unliebsamen Thema auskennen würde. Ich habe mir ehrlich gesagt auch nie weiter Gedanken gemacht, weil ich keine gesundheitlichen Probleme habe und außerdem einen eineinhalbjährigen Sohn, der mich ganz schön in Beschlag nimmt  ;)

Mein Arzt teilte mir zu Beginn der Schwangerschaft mit, dass auch mein Mann getestet werden solle (Ergebnis negativ). Als sich dann herausstellte, dass wir einen Jungen erwarten und keine Tochter, gab er komplett Entwarnung. Er meinte, ein Mädchen müsse direkt nach der Geburt ein bestimmtes Medikament verabreicht bekommen, wenn mein Mann den Gendefekt ebenfalls in sich tragen würde?
Nun, nach über einem Jahr fragte er mich bei einer Routineuntersuchung, welche Medikamentendosierung mein Kind denn nach der Geburt im Krankenhaus bekommen habe. Ich verstand nur Bahnhof, schaute ihn mit großen Augen an und sagte "Ähmm.. gar nichts!" Er meinte dann "Ach ja richtig, Sie haben ja auch einen Sohn bekommen"...
Seitdem bin ich total verwirrt, kann mich irgendjemand aufklären, was es nun damit auf sich hat? Müssen wirklich nur neugeborene Mädchen ein Medikament bekommen? Welches Medikament ist das, wozu dient es? Wurde bei meinem Sohn etwas versäumt?
- Muss mein Sohn in seinem späteren Leben auf diesen Gendefekt untersucht werden, kann ich es vererbt haben und spielt es eine Rolle für seine zukünftigen (ungeborenen) Kinder?
- Welche gesundheitlichen Beschwerden könnten bei mir denn auftreten? Muss ich grundsätzlich bei meiner Lebensweise etwas beachten?
- Welche Medikamente gäbe es für mich (außer der Pille), und wozu dienen sie?
- Gibt es im Internet eine Liste mit Ärzten, die sich auf AGS spezialisiert haben (möglichst nach PLZ sortiert)?

Vielleicht könnt Ihr mir aber ein paar fachkundige Antworten geben? Das wäre prima!
Und bitte entschuldigt, dass es nun so ein langer Text geworden ist, das war nicht geplant..

Liebe Grüße!

Juli 23, 2013, 02:03:09 Nachmittag
Antwort #1

bella

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Hallo,
leider habe ich noch keine Antwort erhalten. Vielleicht, weil ich so viel geschrieben und gefragt habe?
Vielleicht hat ja jemand wenigstens auf die ein oder andere Frage eine Antwort.. Das wäre super!

LG

Juli 23, 2013, 05:29:25 Nachmittag
Antwort #2

Michael

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Hallo Bella,

Sorry dass keiner von uns sich gemeldet hat. Erstmals Wilkommen im Forum! Zu deinen Fragen:

Seitdem bin ich total verwirrt, kann mich irgendjemand aufklären, was es nun damit auf sich hat? Müssen wirklich nur neugeborene Mädchen ein Medikament bekommen? Welches Medikament ist das, wozu dient es? Wurde bei meinem Sohn etwas versäumt?

Bei Neugeborenen mit AGS wird idealerweise auch während der Schwangerschaft Hydrocortison gegeben. Die Mutter nimmt das ein und das Kind bekommt was davon.

Aber, dass ist nur bei Neugeborenen mit AGS. Es ist kritischer bei Mädchen, da wenn jemand AGS hat, wird Testosteron anstatt Cortisol produziert. Bei einem Mädchen führt das extra Testosteron zu vergrößerte/vermännlichte Genitalien. Einem Junge ist das extra Testosteron völlig egal, aber nach dem Geburt müssen auch Jungs Hydrocortison täglich zu sich nehmen, da das Medikament bei der regulierung des Wachstums und Salzhaushalts hilft.

Aber, ich denke, dass du dir überhaupt keine Gedanken darüber machen musst. Dein Mann ist Negativ getestet worden. Das heißt, er Trägt keine Gendefekte, die möglicherweise zur AGS führen können. Da jede Person 2 Chromosomen ins Spiel bringt, und eins vom Vater und eins von der Mutter genommen wird, kriegt das Kind zur 100% mindestens ein funktionierenden Chromosom. Das reicht, um keine Symptome zu haben. Ich weiß nicht genau, wie es bei late-onset AGS ist, aber im Fall vom normalen AGS, würden deine Kinder mit 100%ig sicherheit Träger für die Krankheit sein.

Zitat
- Muss mein Sohn in seinem späteren Leben auf diesen Gendefekt untersucht werden, kann ich es vererbt haben und spielt es eine Rolle für seine zukünftigen (ungeborenen) Kinder?

Wie oben erwähnt, ich weiß nicht wie es bei late-onset AGS ist, aber wenn eine Person mit normalen AGS mit einer ohne AGS reproduziert, wird das Kind Träger, aber nicht betroffen, in alle Fälle. Um wirklich von AGS betroffen zu werden, müssen beide Eltern träger sein. Bei einer Frau ohne AGS-verursachende Gendefekte, werden seine Kinder 0% Chance, AGS zu bekommen, und 25% Chance Träger zu werden.

Zitat
- Welche gesundheitlichen Beschwerden könnten bei mir denn auftreten? Muss ich grundsätzlich bei meiner Lebensweise etwas beachten?

Late-Onset AGS ist milder als normalen AGS, von was ich gehört habe. Du würdest anfangen mehr Testosteron zu produzieren, was zur Vermännlichung führt (Körperhaare, etc..). Du kannst Hydrocortison dagegen nehmen, um deinen Hormonspiegel wieder auszubalancieren. Ich weiß nicht, ob man Salzkriesen und so bei Late-Onset AGS bekommt oder nicht.

Zitat
- Welche Medikamente gäbe es für mich (außer der Pille), und wozu dienen sie?
AGS wird durch die Abwesenheit von Cortisol verursacht. Du wurdest dann irgendwas mit Hydrocortison nehmen.

Zitat
- Gibt es im Internet eine Liste mit Ärzten, die sich auf AGS spezialisiert haben (möglichst nach PLZ sortiert)?
Gute Frage, das weiß ich nähmlich auch nicht! Vielleicht kann man bei der AGS-Initiative mehr Infos darüber bekommen...

Zitat
Vielleicht könnt Ihr mir aber ein paar fachkundige Antworten geben?

Naja... ich bin kein Arzt, sondern Vater vom Kind mit AGS :)

Was ich dir eben erzählt habe ist nur ganz grob und oberflächlich die Realität für AGS, wie ich sie erfahren habe. Da dein Sohn keine Medikamente bekommt ist meines Erachtens richtig, da er bestimmt kein AGS hat, weil das einfach Gentechnisch nicht passt. Dein Mann hat die Gendefekte nicht, und nach einem Jahr hättest du mit sicherheit gemerkt, ob dein Sohn a) nicht richtig wächst [zu schnell] oder b) sein Elektrolytenhaushalt nicht richtig im Griff hat.

Wir haben Punkt B gemerkt indem unser Sohn ein Paar Tage nach der Geburt ständig getrunken, geweint und gebrochen hat. Beim Neugeborenenscreening ist die Auffälligkeit im Blutspiegel gefunden worden. AGS ist eine der Sachen, wofür es immer getestet wird.

Hoffentlich habe ich deine Fragen ausreichend beantwortet. Bitte die Grammatikfehler entschuldigen, Ich spreche Deutsch als 2te Sprache und bin auf der Arbeit und versuche diesen Beitrag so schnell wie möglich rauszuhammern, damit ich nach Hause fahren darf ;)

LG
Michael
« Letzte Änderung: Juli 23, 2013, 05:33:25 Nachmittag von Michael »

Juli 25, 2013, 01:35:37 Nachmittag
Antwort #3

bella

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Hallo Michael,
ich danke Dir sehr für Deine Antwort!
Jetzt bin ich schon um einiges schlauer - und Du hast mich auch in einigen Punkten echt beruhigt!

Nochmal lieben Dank und liebe Grüße!
bella :-*

August 09, 2013, 02:41:41 Vormittag
Antwort #4

Braunauge

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Hallo,

bei mir wurde schon vor einigen Jahren die Diagnose AGS late-onset gestellt.

Frauen mit Late-onset AGS treffen sich eher in diesem Forum: http://240296.forumromanum.com/member/forum/forum.php?action=ubb_tindex&USER=user_240296&threadid=2
Oder auf Frauentreffen sowie Kongressen der AGS Eltern- und Patienteninitiative...

Der Frauenarzt ist fast immer der falsche Ansprechpartner, und Deiner hat offensichtlich ohnehin null Ahnung. Laß Dich also von seinem Blabla nicht verunsichern.

Was Du brauchst, ist ein kompetenter Gynäkologischer Endokrinologe. Die gibt es v.a. in Unikliniken und Kinderwunschzentren. Da muß man halt mitunter weite Wege inkaufnehmen... hat jedoch i.d.R. nicht viele Termine dort.

Zitat
Wurde bei meinem Sohn etwas versäumt?

Nein.

Zitat
- Welche gesundheitlichen Beschwerden könnten bei mir denn auftreten? Muss ich grundsätzlich bei meiner Lebensweise etwas beachten?

Thromboserisiko, wie bei allen Ovulationshemmern mit Ethinylestradiol.

Zitat
- Welche Medikamente gäbe es für mich (außer der Pille), und wozu dienen sie?

Wenn Du mit der Bella/ Diane (oder irgendeiner anderen antiandrogen wirkenden "Pille") zurechtkommst und die Symptome im Griff hast, würde ich von einer Corticoidsubstitution eher abraten.

Zitat
- Gibt es im Internet eine Liste mit Ärzten, die sich auf AGS spezialisiert haben (möglichst nach PLZ sortiert)?

Eine solche Liste existiert nicht.

Die absoluten AGS-Experten sitzen in Müchen (LMU, Dr. Lichtenauer/ Dr. Reisch). Es gibt aber auch kompetente Leute in Erlangen (Uniklinik), Ulm (Uniklinik: Kinderklinik, Zentrum für seltene Erkrankungen), Kiel (UKSH) ... (Habe jetzt gerade nicht alle im Kopf.)

Wenn Du Mitglied der AGS Eltern- und Patienteninitiative wirst und zu den Treffen kommst, erfährst Du mit der Zeit noch mehr Namen, lernst viel über Deine Erkrankung und hast Gelegenheit, Dich in geschütztem Rahmen mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Viele Grüße,
Braunauge

Februar 17, 2014, 04:58:51 Nachmittag
Antwort #5

stapelia

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Hallo,

"late onset" scheint auch für diesen Beitrag zu gelten -> dass es so lange keine Reaktion auf den Beitrag gab    ;-)

meine persönliche Meinung dazu: es sollte wohl besser "noch kompensiertes" bzw. dann "nicht mehr kompensiertes" AGS heißen, da der Enzymdefekt einen ja schon das ganze Leben begleitet - ob es "Symptome" gibt, ist wohl abhängig davon, wie genau man hinschaut und was man als Symptom dem Enzymdefekt zuordnet. Da wird vermutlich vieles anders erklärt...

Eigene Erfahrung als Betroffene: im Nachhinein lassen sich sehr viele Besonderheiten in meinem Leben durch den über viele Jahre noch kompensierten Defekt erklären - und mein Körper- und Lebensgefühl ist durch die Substitution in vielerlei Hinsicht verändert.

Grüße

stapelia

August 29, 2014, 02:19:41 Nachmittag
Antwort #6

Mylanai

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Hallo,

ich bin seit Jahren aufgrund meiner Hormonprobleme im AKH Wien in Behandlung. Lange Zeit stand nicht fest, woher diese Probleme (Hirsutismus, unregelmäßige Menstruation, Haarausfall am Kopf, Akne) kommen. Anfang September 2012 nahm ich die Pille Diane Mite für ca. ein halbes Jahr, setzte diese im Februar 2013 wieder ab, da ich kaum eine Veränderungen merkte und mich zudem nicht wohl fühlte. Nach Absetzen wurde wieder ein Hormonstatus erstellt und mein Andro schoss auf 11,8 hinauf.
Mir wurde daraufhin wiede Glucophage 500 mg verschrieben, welches ich jedoch aufgrund früherer Ereignisse nicht nahm.
Nach ca. 3 Monaten fuhr ich wieder zur Blutabnahme und anschließender Kontrolle und meine Androgene waren weiter deutlich erhöht. Zudem wurde im September 2013 ein Ultraschall gemacht und es wurden Zysten auf meinen Eierstöcken gefunden. Daher bestand der Verdacht auf PCOS (Polyzystisches Ovarien-Syndrom).

Late onset AGS wurde bei mir nie ausgeschlossen, deshalb wurde ich im Juni dieses Jahres für eine Nacht stationär aufgenommen, eine Tages-Nacht-Fluktuation und einen ACTH-Test gemacht.

Im Juli wurde mir dann das Ergebnis des Tests mitgeteilt, dass es sich bei mir um late onset AGS handelt und der Arzt wies mich darauf hin, dass es zwei Therapieoptionen gibt: Pille oder Cortison.

Mir wurde dann empfohlen mit Prednisolon 5mg (Cortison) zu beginnen, eine halbe Tablette abends (2,5 mg) und in drei Monaten zur Kontrolle zu kommen.
Da ich aber nach kurzer Zeit (18 Tage) Nebenwirkungen (Pickel, verstärkter Haarwuchs und Gewichtszunahme) bekommen habe, habe ich diese Therapie unter Aufsicht meines Hausarztes wieder abgesetzt.Nach Absetzen von Prednisolon verschob sich auch noch meine Meno, was mich total verrückt machte. Mein Hausarzt hat mir die Pille (Diane mite) verschrieben, die ich vor ca. einem Jahr bereits genommen hatte (wieder abgesetzt, da ich kaum eine Besserung merkte und mich nicht wohl fühlte).
Seit 14 Tagen nehme ich die Pille und ich merke, dass ich  auch diese nicht vertrage. (Hautausschlag und Juckreiz). Meine Akne ist auch nicht besser geworden.

Mich würde es sehr interessieren, ob es Alternativen zu diesen zwei Therapieformen gibt.

Liebe Grüße
Mylanai